Keine Wunder

Muamba lebt

In unserem Buch übernehmen wir den Ausdruck des „Wunders an der White Hart Lane“, und dass Fabrice Muamba an jenem Samstag, 17. März 2012, überlebte, ist, ja: eine medizinische Sensation. Doch nicht ein Wunder hielt den Fußballer der Bolton Wanderers am Leben, sondern Menschen, die wussten, wie man Leben rettet. Sie sind die Helden der Heartbeat Foundation, und in deren Geiste arbeiten wir.

Dr. Andrew Deaner ist Kardiologe des London Chest Hospitals und er verfolgt zusammen mit seinen Brüdern das FA-Cupspiel zwischen seinen geliebten Tottenham Hotspurs und den Gästen aus Bolton. Der Fan der „Spurs“ verfolgt gespannt mit, wie eine Angriffswelle seines Teams auf die nächste folgt, wie Gareth Bale mit seinen pfeilschnellen Antritten die Verteidiger der Wanderers immer wieder vor Problemen stellt. Deaner freut sich auf ein Fußballfest, doch von einem Moment auf den anderen ist alles ganz anders.

In der 43. Minute fällt Fabrice Muamba um, einfach so, ohne Fremdeinwirkung, wie ein Baum. In seiner Biographie „I’m still standing“ schreibt der Spieler: „Als mein Kopf zum ersten Mal auf den Rasen prallt, bin ich noch am Leben. Beim zweiten Mal bin ich tot.“

Muamba erleidet ein Herzkammerflimmern, hat aber Glück im Unglück. Vorbei sind die Zeiten, als Peter Cech 2006 mit einem Schädelbasisbruch alleine vom Feld kriechen und auf die Retten warten musste: 2012 sind allein von der Heimmannschaft fünf Mediziner aufgeboten, und ein Krankenwagen des St. John Spital ist ebenfalls vor Ort. Auf der Tribüne sagt Deaner zu seinen Brüdern: „Ich sollte helfen“, und macht sich auf den Weg auf das Spielfeld. Zwei Ordnern verweigern ihm zuerst den Zutritt, ein dritter lässt ihn durch.

An der Unfallstelle sieht der Kardiologe, dass ein ganzes Team ganze Arbeit leistet: der Vereinsarzt der Spurs, Shabaaz Mughal, die Paramediziner Peter Fischer und Wayne Diesel, Boltons Physiotherapeut Andy Mitchel und Boltons Klubarzt Joanathan Tobin, ein persönlicher Freund von Muamba kümmern sich um den Spieler. 

Noch auf dem Feld wird Fabrice Muamba zwei Mal von einem Defibrillator geschockt. Einen weiteren erhält er im Tunnel, zwölf weitere im Krankenwagen. Der Stromstoß eines Defi jagt 300 Joule durch den Körper. Innerhalb von 78 Minuten muss der Körper des Sportlers 4500 Joule ertragen – das entspräche 15 Pferdetritten gegen den Oberkörper. Doch kein einziger Schock bringt das Herz wieder zum Schlagen.

Herzspezialist Deaner überzeugt die Rettungskräfte, Muamba nicht in das nahegelegene North Middlesex-Krankenhaus zu führen, sondern in das rund 15 km entlegene London Chest Hospital in Bethnal Green. Dort würde es eine spezielle Ausrüstung geben, die Muamba zu Gute kommen könnte. Der Kampf der Ärzte um das Leben ihres Patienten ist lang, aber erfolgreich. 78 Minuten nach dem Kollaps pumpt Muambas Herz wieder selbstständig Blut durch den Körper.

Am Montag kommt der 1,88 m große Fußballer wieder zu Bewusstsein, erkennt seine Verlobte Shauna Magunda und fragt sie nach deren Sohn Joshua. Deaner beugt sich über ihn und fragt ihn, wie er denn heiße. „Fabrice Muamba.“ „Ich habe gehört, dass du ein sehr guter Fußballer bist.” „I try“. „Ich versuche es.” Deaner tritt zwei Schritte zurück. Ihm läuft die Gänsehaut über den Rücken, und Tränen treten in seine Augen. „Es war ein sehr emotionaler Moment“, sagt der Arzt später. „Und ein unglaublicher: wenn eine Person, die 78 Minuten tot war, Witze reißen kann, wenn sie wieder erwacht.“

Die gesamte Story über das „Wunder“ an der White Hart Lane und über die Tragödien plötzlicher Herztode im Sport finden Sie im Buch „Die Menschen werden Leben retten, wenn wir ihnen dabei helfen, zu lernen, wie sie Leben retten können…“

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